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Tag 3

Island 2019

Island in Miniatur – Unterwegs auf der Snæfellsnes Halbinsel

 

„Ob die mir wohl in der Küche eine heiße Zitrone machen können?“, fragt Julia schniefend. Wir sind den dritten Tag in Island und nachdem ich auf dem Weg der Besserung bin, hat die Erkältung nun meine Reisebegleitung Julia schwer erwischt. Die Frage ist fast überflüssig. Es ist eine Selbstverständlichkeit für den jungen Isländer, der heute Morgen das Frühstück in unserer Unterkunft – dem Hotel Eglisen – zubereitet. Zusätzlich brüht er uns heißen Tee auf. „Damit es euch unterwegs nicht kalt wird“, sagt er mit einem Lächeln und drückt uns zwei Becher in die Hand als wir gerade die Tür hinaus gehen wollen. „Wow, das ist Gastfreundschaft. Herzlichen Dank.“

Gastfreundschaft wird in Island großgeschrieben

In Island wohnen nur rund 350.000 Einwohner. Damit zählt die Insel zu einer der am dünnsten besiedelten Länder Europas. Entsprechend sind Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft keinen abgedroschenen Floskeln. Sie sind an einem Ort, an dem man unberechenbaren Wetterphänomenen und den Widrigkeiten der Natur teilweise schonungslos und unangekündigt ausgesetzt ist, lebensnotwendig. Hier hilft wirklich jeder jedem. Und das zeigt sich eben schon in diesen kleinen Gesten, wie heute Morgen.

Gestärkt für den Tag brechen wir in Stykkisholmur auf, um die Snæfellsnes Halbinsel zu erkunden. Sie wird auch gerne „Island in Miniatur“ genannt, denn hier findet man auf wenigen Quadratkilometern alles was Island ausmacht: Vulkane, Lavafelder, Gletscher, Wasserfälle und Strände in alle Farbschattierungen. Und darüber hinaus zwei der Postkarten Motive schlechthin – Den Berg Kirkjufell und die schwarze Kirche von Búðir.

Der Berg Kirkjufell

Der Berg Kirkjufell – eines der beliebtesten Fotomotive Island

Wir nehmen die Straße Nr. 58 in Richtung Westen und erreichen nach rund 30 km den markanten Berg Kirkjufell, der aufgrund seiner kegelartigen Form ins Auge springt. Er liegt am Grundarfjördur und entstand während der Eiszeit. Zwei Gletscher schoben sich rechts und links an ihm vorbei und erzeugten so die einzigartige Form.

Der Parkplatz ist für morgens 10:00 Uhr schon gut gefüllt. „Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie voll es hier im Sommer ist“ sage ich zu Julia. Wir packen unser Fotoequipment, um zum pittoreskten Wasserfall Kirkjufellsfoss zu wandern. Hier stürzt der Fluss Kirkjufellsá rund 16 Meter in die Tiefe und ergibt das für mich schönste Fotomotiv an diesem Ort. Die überfrorenen Gräser, das blau in die Tiefe stürzenden Wasser und im Hintergrund der perfekt geformte Berg – genauso habe ich mir Island vorgestellt. Tatsächlich muss man zugeben, dass auffällt, das dies ein beliebter Ausflusgsspot ist. Entsprechend gibt es Treppen, gespannte Seile als Geländer und jeder Menge weitere Besucher. Das tut der Magie aber keinen Abbruch. Trotzdem haben sich auf unserer Reise viele der schönsten Motive vor allem in der Einsamkeit der Natur ergeben.

„Die überfrorenen Gräser, das blau in die Tiefe stürzenden Wasser und im Hintergrund der perfekt geformte Berg – genauso habe ich mir Island vorgestellt“

Wir folgen der Straße weiter Richtung Ólafsvík vorbei an Wasserfällen, Buchten und Stränden, aber schon bald ist Schluss. Die Straße Nr. 574 rund um den Gletscher Snaefellsjökull, den übrigens Jules Verne als Einstieg in die Unterwelt in seinem Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ verwendete, ist aufgrund der Witterung gesperrt. Schade. Wir wollen nicht umkehren und nehmen stattdessen die Stichstraße, die uns durch das Halbinsel Innere nach Búðir führt. Bedeutet: Schotterpiste. „Oh nein, nicht schon wieder!“ sage ich zu Julia. Aber wir haben keine andere Wahl.

Zunächst schlängeln wir uns sehr langsam, sehr steil den Berg hinauf bis wir eine Art Hochebene erreichen. „Wow, das sieht aus, wie auf einem anderen Planeten“, staunt Julia neben mir. Und sie hat Recht. Ich komme mir vor wie auf dem Mond. Kein Wunder, dass die Apollo-Astronauten für ihre Mondmission 1969 auf Island trainierten. Eine Weile fahren wir durch die bizarre Landschaft aus Gestein und vereinzelten Wasserbecken. Dann geht es plötzlich wieder steil bergab ins Tal von Búðir und eine wiederum komplett andere Landschaft eröffnet sich unseren Augen. Steile, grüne Klippen, gespickt mit Wasserfällen auf der linken Straßenseite, Strände in Rot- und Gelbschattierungen, sattes Meeresblau und die Mittagsonne auf der rechten Straßenseite.

Strände im Norden der Snaefellsnes Halbinsel

Die schwarze Holzkirche von Búðir – die schönste Kirche Islands

Als wir Búðir erreichen sind wir überrascht: Der „Ort“ besteht aus genau einer Kirche und einem Hotel. Fertig. Das war’s. Früher war Búðir hingegen ein wichtiger Handelsplatz. Wir sind vor allem wegen der schwarzen Holzkirche hier, die eingebettet im golden angestrahlten Gras und mit Jules Vernes Gletscher im Hintergrund eine wirklich malerisches Fotomotiv abgibt. Sie zählt zu den ältesten des Landes. Da die erste Kirche an diesem Ort aus dem Jahr 1703 verfiel, wurde sie 1848 neu erbaut und steht nach einer Renovierung unter Denkmalschutz. Gerne wird sie, nachvollziehbarerweise, für Hochzeiten gewählt. Wir laufen in das Feld hinein, Richtung Meer, umgeben von kniehohen Gräsern und brauchen nicht lange, um den besten Foto Spot zu finden.

Während die schwarze Kirche sich perfekt in die Landschaft einfügt, wirkt das Hotel eher wie ein Fremdkörper und mutet von außen wie eine Jugendherberge an. Wir entscheiden uns trotzdem hier für einen kurze Pause einzukehren. „Oh, das hätte ich jetzt nicht erwartet“, sage ich erstaunt zu Julia, als wir die Lobby betreten. Hinter den nüchternen, weißen Wänden versteckt sich ein liebevoll eingerichtetes Boutique Hotel und ein Gourmet Restaurant. Von dem Salon der Bar aus hat meinen einen großartigen Ausblick auf die roten Strände und die Berge. Wir entscheiden uns einen Tee zu trinken, machen es uns auf der Vintage Couch bequem und verlieren uns eine kurze Weile in der Aussicht.

Nachdem wir den Buchten hinter dem Hotel einen persönlichen Besuch abgestattet haben, geht die Reise für uns weiter. Die Straße Nr. 574 ist von dieser Seite kommend noch nicht gesperrt und wir fahren Richtung Westen, um zum Abschluss des Tages die Klippen von Arnarstapi zu erkunden.

Eine Welt aus Lava und Moos – das Búdahraun Lavafeld

Auf dem Weg durchqueren wir das Lavafeld Búdahraun. „Wahnsinn, das sieht einfach irre aus“, staune ich. Das Lavafeld ist mit unterschiedlichen Pflanzen und gelb-grün schimmernden Moos bewachsen. Im Hintergrund trohnt mächtig der schneebedeckte Vulkan Stapafell. Es sieht wahnsinnig schön und wahnsinnig unwirklich aus und schon zücke ich meine Kamera, aber bewege mich nur ganz behutsam auf dem Feld. Da das Moos oft viele Jahrzehnte gebraucht hat, um die Lava zu erobern ist es besonders wichtig auf den Lavafeldern nicht auf die Pflanzen zu treten.

Lavafeld Búdahraun und Vulkan Stapafell.

Die Steiküste von Arnarstapi – Unterwegs zu Felsentoren und Höhlen

Kurze Zeit später erreichen wir Arnarstapi – ein kleiner Fischerort mit einer bemerkenswerten Steilküste. Hier hat das Meer in die Basaltsäulen der Küste Felsentore und Höhlen geschliffen. Vom Parkplatz aus halten wir uns links und erreichen nach kurzem Fußweg das bekannteste Felsentor an diesem Ort: Gatklettur. Hier peitschen die Wellen schonungslos durch die runde Öffnung. Mich beeindruckt allerdings viel mehr ein wenige Meter weiter entferntes Felsentor, das auf den ersten Blick gar nicht zu sehen, dafür aber begehbar ist. Hier spürt man die Macht der Natur am eindrucksvollsten. Mein absoluter Lieblingsfotospot des heutigen Tages.

Mit diesem Highlight lassen wir den Tag ausklingen und treten überwältigt von den vielfältigen Eindrücken unseren Rückweg nach Stykkisholmur an. Aber um eine Sache müssen wir uns noch ganz dringend kümmern: Der Magen knurrt.

Abendessen zu bezahlbaren Preisen

In Island sind die Lebenshaltungskosten sehr hoch. Entsprechend teuer sind die Restaurants. Hier kann man ohne Probleme für 2 Personen 100 Euro für ein Abendessen loswerden. Recherche lohnt sich daher.

Zum Glück ist das von uns gewählte Restaurant für das Abendessen nur einen Steinwurf vom Hotel Eglisen entfernt. Direkt gegenüber befindet sich das Narfeyrarstofa. Wie unser Hotel ist auch das Restaurant winzig und strahlt eine heimelige Gemütlichkeit aus. Es gibt Pasta mit frischen Meeresfrüchten – zu bezahlbaren Preisen. Der perfekte Abschluss eines perfekten Tages.

„Island in Miniatur“ war ein absoluter Höhepunkt der bisherigen Reise.

Was hälst du wohl morgen für uns bereit, Island?

Felsentore von Arnarstapi

Meine Tipps:

Entdecken:

Kirkjufell: Der kegelförmig geschliffene Berg besticht durch seine Form. Den besten Blick hat man vom Kirkjufellsfoss, den man vom Parkplatz aus in wenigen Minuten erreicht

Búðir: Die schwarze Kirche von Búðir ist eines der Top Fotomotive Islands. Die schönste Perspektive ergibt sich, wenn man etwas in das Feld hineinläuft und den Snaefellsjökull im Hintergrund mit einfängt

Búdahraun Lavafeld: Zwischen Búðir und Arnastapi befindet sich ein wunderschönes Lavafeld. Man findet auf der linken Straßenseite Einbuchtungen zum Parken. Unbedingt aufpassen, nicht auf das Moos zu treten.

Arnastapi: Die Steilküste beeindruckt mit Felsentoren und Höhlen. Das bekannteste ist das Gatklettur, welches man nach wenigen Minuten vom Parkplatz aus erreicht. Ich empfehle noch ein Stück weiter der Küste entlang zu laufen. Hier kommt man zu dem in diesem Beitrag abgebildeten Felsentor, dass man begehen kann.

Schlafen:

Stykkisholmur: Hotel Eglisen – gemütliches, familiengeführtes Hotel in einem der ältesten Gebäude der Stadt.

Essen:

Búðir: Hotel Búðir – Boutique Hotel und Gourmet Restaurant, ich empfehle auf jeden Fall für einen Tee dort einzukehren und die spektakuläre Aussicht im Salon zu genießen.

Stykkisholmur: Narfeyrarstofa – Fantastische isländische Küche zu bezahlbaren Preisen

Den kompletten Roadtrip Guide findet ihr in meinem Blogpost: 7 Tage Roadtrip durch Islands Winter

Die Reise wurde selbst bezahlt. Alle Hinweise zu Unterkünften, Restaurants, Ausflugsanbietern und Sehenswertem sind meine persönlichen Empfehlungen und entsprechend unbeauftragte und unbezahlte Werbung.

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7 Tage Roadtrip durch Islands Winter – Der komplette Guide