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Tag 5

Island 2019

Der Vatnajökull Nationalpark – Ein Winterabenteuer in Islands Südosten

 

„Oh nein, bitte kein Schnee“, jammere ich vom Fahrersitz. „Sieht ganz so aus, als wäre es vorbei mit der Wintersonne“ erwidert Julia. Wir sind seit einer Stunde unterwegs auf der Ringstraße. Nach einem wunderschönen Novembertag gestern fängt es nun schon im Morgengrauen an heftig zu schneien.

Wir fahren mit unserem SUV zum rund 300 km entfernten Vatnajökull Nationalpark im Südosten Islands. Der Vatnajökull ist Europas größter Gletscher. Hier befindet sich die Gletscherlagune Jökulsárlón, der weltbekannte Diamond Beach und unzählige Eishöhlen, die wir heute erkunden wollen.

Die Gletscherlagune Jökulsárlón.

Jökulsárlón – Die Gletscherlagune

Wir brauchen aufgrund der Witterung fast vier Stunden bis wir endlich an der Gletscherlagune ankommen. Wir überqueren eine Brücke, von der man bereits einen grandiosen Ausblick auf das von eindrucksvollen Eisbergen durchzogenen Wasser des Sees hat.

Die Lagune entsteht durch das Abschmelzen der Gletscherzunge des Breiðamerkurjökull. Die Eisberge schwimmen zunächst auf dem See, der mit 284 Metern zu den tiefsten Islands gehört, und werden dann über einen kurzen Wasserlauf hinaus in den Atlantik gespült.

Mehrere Wege führen entlang des Jökulsárlón. RIB Boote fahren mit Guides auf dem See zwischen den Eisbergen. Ich bin schon vom Ufer aus fasziniert von dem Anblick, der wunderschön und traurig zugleich ist, macht er die Erderwärmung auf dramatisch schöne Art sichtbar. Wow, was für ein Anblick“ sage ich zu Julia. „Einfach unglaublich, so sah es auch in Grönland aus, das hätte ich hier aber nicht erwartet“ antwortet sie mir. Riesige Eisblöcke in den verschiedensten Blau-Schattierungen treiben auf dem ruhigen Wasser. Dabei sieht man tatsächlich nur die Spitzen der Eisberge, denn rund 90% befinden sich tatsächlich hier noch unter der Wasseroberfläche.

Die Lagune ist mittlerweile weltberühmt durch Filme wie James Bond, Tomb Raider oder Batman Begins. Entsprechend ist man hier selbst im tiefsten Winter nie ganz allein.

Riesige Eisberge treiben auf dem See.

Der Diamond Beach – schneebedeckt statt funkelnd

Folgt man dem Wasserlauf kommt zum Diamond Beach. Die Eisbrocken treiben zunächst hinaus auf den Ozean und werden dann durch die brechenden Wellen zurück an den schwarzen Strand gespült. Wenn die Sonnenstrahlen dann auf das tausende Jahre alte Eis treffen, glitzern die Eisbrocken wie Diamanten.

„Oh nein, man sieht gar nicht, dass der Sand eigentlich schwarz ist“ ruft Julia entsetzt, als wir die Küste erreichen. Leider haben wir aufgrund der Witterung Pech. Der Strand ist fast durchgängig schneebedeckt und auch die Sonne kommt heute nicht mehr raus. Die Magie des Diamond Beach lässt sich daher nur erahnen.

Nichtsdestotrotz geben die Eisbrocken auf dem schwarzen Sand mit berstenden Wellen im Hintergrund ein surreales, schönes Bild ab.

Ein Hotdog der besonderen Art

Nach gut zwei Stunden Erkundungen des Areals sind wir ordentlich durchgefroren. Auf dem Parkplatz des Jökulsárlón gibt es  verschiedene Buden mit isländischen Snacks und heißen Getränken. Bevor wir zu den Eishöhlen aufbrechen stärke ich mich mit einer beliebten isländischen Mahlzeit – einem Hotdog. „Ui, das schmeckt seltsam“, sage ich nach dem ersten Bissen. Die Wurst ist Schafswurst, dazu gibt es Senf und Ketchup. Mal ein etwas anderer Hotdog.

Schnee am Diamond Beach.

Die Eishöhlen des Breiðamerkurjökull

Kurze Zeit später brechen wir mit einem Guide und einem 4X4 Truck auf zu einem ganz besonderen Abenteuer. Im Winter zwischen November und März kann man in Island Gletscher-Eishöhlen besichtigen.

Die Höhlen entstehen jedes Jahr aufs Neue innerhalb der Gletscher durch Schmelzwasser und geothermische Wärme. Entsprechend verschieben sich die Standorte, Größen und auch Formen. Manche Eishöhlen entstehen immer wieder an der gleichen Stelle, andere verschwinden für immer.

Gletscher-Eishöhlen sind besonders für ihre leuchtend blaue Farbe bekannt. Dabei kann das Eis ein breites Spektrum von weiß über grau bis hin zu violett oder blau annehmen. Entscheidend dabei ist Dicke und Dichte des Eises. Die Besichtigung von diesen Höhlen ist absolut lohnend aber ebenso gefährlich und sollte daher nie ohne ausgebildeten Guide in Betracht gezogen werden.

„Gletscher-Eishöhlen sind besonders für ihre leuchtend blaue Farbe bekannt. Dabei kann das Eis ein breites Spektrum von weiß über grau bis hin zu violett oder blau annehmen.“

Nach einer kurzen Einweisung fahren wir ausgestattet mit Helm und Spikes zunächst eine kurze Strecke auf der Straße. Dann steigt unser Guide Stephi aus und ruft uns zu „So Leute, jetzt lassen wir die Luft etwas aus den Reifen ab, damit wir im Schnee besser fahren können.“ Gesagt getan.

White Out am Gletscher 

Wenige Minuten später biegen wir in eine schneeweiße Landschaft ab und fahren mehrere Kilometer landeinwärts durch Schnee und Eis Richtung Gletscher. „Habt ihr schon mal ein White Out erlebt?“, fragt Stephi. Julia und ich schauen uns wissend an „Oh ja“, „Dann kommt jetzt euer zweiter“. Und wieder einmal sieht man nichts außer Schnee. Ich bin beeindruckt, wie wenig das Stephi ausmacht und wie sicher und ruhig sie unser Fahrzeug durch das weiße Nichts steuert.

„So, jetzt machen wir einen Stopp. Hier können wir in eine Gletscherspalte klettern, aber vorher müsst ihr die Spikes über eure Stiefel ziehen und den Helm aufsetzen.“ „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich mal freiwillig in eine Gletscherspalte klettere“, sage ich zu Julia ,,während wir uns an einem Seil entlang über mehre Stufen, die in das Eis geschlagen wurden, ins Gletscherinnere begeben. „Aber ist das nicht wahnsinnig schön?“. „Defintiv.“ Überall glitzert blaues Eis.

Unterwegs auf dem Breiðamerkurjökull.

Im ewigen Eis – Abstieg in die blaue Gletscherhöhle

Zurück im Truck geht es für uns noch ein wenig weiter den Gletscher hinauf bis wir die Blue Diamond Cave erreichen. Sie gehört zu den bekannteren Höhlen, die sich regelmäßig über die Jahre bilden.

Schon der Eingang zur Höhle ist faszinierend. Das mehrere tausend Jahre alte Eis strahlt uns in den schönsten blau- und türkis Tönen entgegen. Im Inneren wird dieser Anblick noch übertroffen. „Je weniger Luftbläschen sich noch im Eis befinden, umso intensiver wird die blaue Farbe“, erklärt uns Stephi. Ich kann mich von dem Anblick kaum loseisen. Aber Stephi hat noch einen weiteren Stopp für uns eingeplant.

Diesmal besichtigen wir eine Gletscher Eishöhle, die grau, sogar in Teilen fast schwarz ist. Hier hat sich Vulkanasche in die Lagen des ewigen Eises gemischt. Die blaue Höhle hat mir deutlich besser gefallen. Dennoch lausche ich fasziniert den Ausführungen unseres Guides.

Im Inneren der Gletscher-Höhle.

Rückweg durch das ewige Eis

Es ist mittlerweile Nachmittag und die Dämmerung setzt ein. Nachdem wir noch einige Fotos von der schier unendlichen Schneelandschaft gemacht haben, treten wir schweren Herzens den Rückweg an. Hier oben auf dem Gletscher gibt es tatsächlich noch so viel zu entdecken.

Während wir mit dem Truck zurück Richtung Straße fahren, ruft Stephi „Und da schaut mal, hier oben wohne ich zwischen Vulkanen und Gletschern.“ „Aber ist das nicht gefährlich?“ frage wir sie erstaunt. „Ja ist es, aber ich könnte mir keinen schöneren zum Leben Ort vorstellen“.

Stephi bringt uns zurück zum Parkplatz von Jökulsárlón. Für uns geht es nach diesem Winterabenteuer, beseelt und voller surrealer Eindrücke zurück nach Vík.

Island – du bist ein wahres Winterwunder!

Schneelandschaft über den Gletscher-Höhlen.

Meine Tipps:

Entdecken:

Diamond Beach: Die Eisberge treiben aus der Gletscherlagune auf den Atlantik hinaus. Dort werden sie von brechenden Wellen zurück and den schwarzen Strand gespült. An sonnigen Tagen glitzern die Eisbrocken dann wie Diamanten. Wer im Winter kommt, sollte sich daher einen sonnigen Tag ohne Schnee aussuchen, um das Naturschauspiel sehen zu können

Gletscherlagune Jökulsárlón: Die Gletscherlagune mit ihren unzähligen Eisbergen kann an Land über mehrere Wege oder vom Wasser aus mit einem RIB Boot erkundet werden.

Eishöhlen Tour: Vom Parkplatz des Jökulsárlón starten verschieden Touren von verschiedenen Anbietern zu den Gletscher-Eishöhlen. Man kann zwischen Halbtages- oder Ganztages-Touren wählen. Wir waren mit Local Guide unterwegs. Niemals auf eigene Faust zu den Eishöhlen aufbrechen.

Schlafen:

Hotel Vík í Mýrdal: Das Hotel liegt zentral in Vík und mit etwas Glück hat man von seinem Zimmer Blick auf die Reynisdragngar Formation, die vor der Küste im Meer liegt.

Essen:

Jökulsárlón: Auf dem Parkplatz gibt es verschiedene Snack Buden, die isländische Hotdogs oder Burger sowie Getränke anbieten.

Restaurant Berg: Das Restaurant im Hotel Vík í Mýrdal bietet eine hervorragende isländische Küche. Ab 18 Uhr bietet die Bar eine Happy Hour an. Bei den hohen Preisen für Alkohol auf Island ist dies ein lohnendes Angebot, um den Abend ausklingen zu lassen.

Den kompletten Roadtrip Guide findet ihr in meinem Blogpost: 7 Tage Roadtrip durch Islands Winter

Die Reise wurde selbst bezahlt. Alle Hinweise zu Unterkünften, Restaurants, Ausflugsanbietern und Sehenswertem sind meine persönlichen Empfehlungen und entsprechend unbeauftragte und unbezahlte Werbung

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